Es gibt viele Bücher über Wirtschaft und Finanzen. Celine Nadolny liest eines nach dem anderen und gibt dann ihr Urteil darüber ab – kritisch, informativ, unterhaltsam. Und wunderschön bebildert, denn ihre Plattform ist Instagram.
Celine Nadolny ist eine echte Leseratte und hat mit gerade mal 16 Jahren ihre Leidenschaft für Finanzthemen entdeckt. Auf ihrem Instagram-Kanal @bookoffinance veröffentlicht die mittlerweile 22-Jährige regelmäßig Rezensionen von brandaktuellen Büchern, aber auch Jahrzehnte alten Klassikern. Sie hat dabei eine ganz eigene Sicht, sehr unterhaltsam, nie langweilig.
Jessica: Wie und wann hast Du Deine Leidenschaft für Finanzthemen entdeckt?
Celine: Meine große Leidenschaft für Finanzthemen habe ich mit etwa 16 Jahren entdeckt. Damals hat mir jemand „Rich Dad Poor Dad“ von Robert T. Kiyosaki geschenkt. Das Buch lehrte mich, dass wir uns alle irgendwann dem Thema Finanzen stellen müssen, ob wir wollen oder nicht. Je länger wir es aufschieben, desto unschöner kommt es eines Tages auf uns zurück. Gleichzeitig wurde mir aber auch bewusst, wie wertvoll ein Verständnis für Finanzthemen ist. Wie es mich meinen Lebenszielen näher bringen kann und mir mehr und mehr Möglichkeiten gibt.
Ein Geschenk mit Folgen also…
Die richtigen Bücher können uns über viele Entwicklungsschritte hinweg begleiten. Mit jedem weiteren Buch begann diese Überzeugung in mir zu reifen. Denn Stück für Stück schienen immer mehr Dinge einen Sinn zu ergeben und ich fand die Antworten auf viele Fragen, die zuvor noch unbeantwortet blieben. Ein Buch folgte auf das Nächste und das Thema Finanzen wurde immer spannender.
… und dann kam @bookoffinance. Wie bist Du auf die Idee dazu gekommen und wieso Instagram?
Rollen wir die Frage am besten von hinten auf ☺ Ich bin schon etwas länger auf Instagram mit meinem privaten Account aktiv und habe natürlich auch nach Buchempfehlungen im Bereich Finanzen geschaut. Aber es gab keinen einzigen Account, der eine Vielzahl guter Bücher ehrlich empfahl. Entweder es waren Marketing-Geschenke, die verlost oder über Affiliate-Links beworben wurden, oder es handelte sich immer um die gleichen zwei, drei Bücher. Es fehlte mir schlichtweg eine ehrlich bewertete Bibliothek, in der ich stöbern konnte. Und da habe ich dann irgendwann die Initiative ergriffen und den Account aufgebaut.
Hast Du ein paar Leseempfehlungen für absolute Anfänger*innen?
Die Frage bekomme ich natürlich sehr häufig gestellt von meiner Community ☺ Ich denke mit „Einfach erfolgreich anlegen“ hast Du ein perfektes Buch für Einsteiger geschrieben – sowohl für Frauen als auch Männer. Offen gestanden fällt mir gerade kein besseres Buch für Einsteiger ein, die an der Börse investieren möchten.
Danke dafür! Aber Dir fällt doch bestimmt noch mehr ein…
Wenn man dann vielleicht noch einen Schritt zurückgehen möchte und den Umgang mit Geld generell lernen möchte, dann kommt man an „Der reichste Mann von Babylon“ von George S. Clason nicht vorbei. Und als drittes Buch kann ich natürlich „Rich Dad Poor Dad“ empfehlen. Vor allem die wunderschöne Geschichte vermittelt in unserer heutigen Konsumgesellschaft ein tolles Mindset im Umgang mit Geld.
Und was könnten Fortgeschrittene lesen?
Für Fortgeschrittene gibt es ein unglaublich großes Sammelsurium an Werken. Ich greife gerne auf absolute Meisterwerke zurück und da fallen mir drei ganz spontan ein: Die Bibel für jeden, der an der Börse aktiv ist, sollte Benjamin Grahams „Intelligent Investieren“ sein. Ich schließe mich da der Meinung von Warren Buffett an, für den es das beste Finanzbuch aller Zeiten ist. Das Buch bietet ein solides Verständnis für den Value-Investing Ansatz und das Auf und Ab an den Börsen.
Ein absoluter Klassiker. Und dann?
Wer dieses Buch gelesen hat und mit den Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts agieren möchte, dem empfehle ich „What Works on Wall Street“ von James P. O’Shaughnessy. Hierbei handelt es sich um ein sehr umfangreiches statistisches Werk, das auf Grundlage des Value-Ansatzes diverse mechanische Ansätze über extrem lange Zeiträume getestet hat und dem Leser fertige Strategien anbietet, aber eben auch an dem Entstehungsprozess einer Strategie teilhaben lässt. Allerdings sehr wissenschaftlich.
Tipp Nummer drei?
Als drittes Buch darf meiner Meinung nach „Schnelles Denken. Langsames Denken“ von Daniel Kahnemann nicht fehlen. Insbesondere in turbulenten Zeiten wie jetzt, ist dieses Buch ein toller Rückzugsort. Wer heute noch, ohne den Ansatz der „Behavioral Finance“ verstanden zu haben, am Aktienmarkt investiert, handelt meiner Meinung nach nur fahrlässig. Ich bin mir bewusst, dass alle drei Bücher wirklich schwere Brocken sind. Sowohl inhaltlich, als auch physisch, aber sie lohnen sich definitiv.
Du hast sicher auch das ein oder andere Buch der bekannten Crash-Propheten gelesen. Dein Urteil?
Ehrlich gesagt habe ich tatsächlich noch nicht sonderlich viele dieser Bücher gelesen. Es ist einfach überhaupt nicht mein Geschmack. Dem Schüren und Monetarisieren von Ängsten kann ich nichts abgewinnen. Von Dirk Müller hatte ich „Showdown“ und von Florian Homm „Erfolg im Crash“ rezensiert. Beide Bücher schnitten nicht besonders gut ab. Das liegt nicht daran, dass alles Unfug ist, was die Herren schreiben. Aber ihre Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen sind gelinde gesagt fragwürdig.
Liest Du außer Graham noch andere Klassiker? Beispielsweise John C. Bogle oder André Kostolany?
Aber sicher doch! Viel lieber sogar, als die hundertste Auflage des gleichen Themas. Und in Bezug auf die Namen, die du erwähnt hast: Kostolanys Zitate sind legendär und gehören einfach zur Börse. Grahams „Intelligent Investieren“ ist meiner Meinung nach für Investoren das beste Buch aller Zeiten und John C. Bogle ist mir nicht zuletzt bereits in der Uni mit all seinen Studien begegnet. Solche Klassiker vereinen zwei Dinge, die mir als Leserin besonders wichtig sind: Zum einen enorme Lebenserfahrung und wissenschaftlich fundierte Aussagen. Und zum anderen wurden sie in der Regel nicht aus einer solchen Gewinnerzielungsabsicht heraus publiziert wie man es heute bei den allermeisten neuen Finanzbüchern vermuten könnte. Das Wissen wird immer und immer wieder aufgewärmt und neu verkauft.
Was macht ein gutes Finanzbuch aus?
Zunächst einmal erwarte ich von einem wirklich guten Finanzbuch, dass es einen brauchbaren Mehrwert liefert. Das heißt für mich, dass wenn ich keine neuen Impulse und Ideen zum Umsetzen daraus mitnehmen kann, dann doch zumindest eine Bestätigung meiner vorhandenen Strukturen erhalte. Darüber hinaus sollte das Buch in irgendeiner Form einzigartigen Inhalt liefern. Im Idealfall komplett neue Informationen, aber zumindest eine neue interessante Perspektive auf ein bekanntes Thema. Es sollte in einer angenehmen Sprache verfasst sein und dem Leser über kleine Geschichten auch ein noch so kompliziertes Thema näher bringen. Es helfen Humor, ansehnliche Grafiken und eine gute Textformatierung beim Lesefluss. Cover und der Titel sind ebenfalls wichtig und sollten nichts versprechen, was am Ende nicht auch geliefert wird. Schlussendlich sollte auch der Preis dem Inhalt entsprechend sein.
Wie legst Du selber Dein Geld an?
Na, da folge ich ganz deinen Ansätzen: Entspannt in einem einzigen ETF im monatlichen Sparplan. Ohne viel Aufwand, ohne tägliches ins Depot-Schauen und vollkommen frei von Emotionen. Nur Glücksgefühle und Stolz sind erlaubt, wenn ich schaue, wie viel ich bereits gespart habe. Die freie Zeit nutze ich dann lieber, um an meiner Karriere zu arbeiten, mein Studium zu beenden und meinen Instagram Kanal sowie meine Homepage weiter aufzubauen. Selbstverständlich weiß ich, dass Überrenditen möglich sind, aber offen gestanden habe ich weder das Kapital, noch die Zeit mich so intensiv um mein Depot zu kümmern wie ein Warren Buffett. Lesen, Schreiben und persönlich Wachsen macht da viel mehr Spaß.
Celine, danke für das Interview.

Gründerin von Book of Finance
Seit sie denken kann, liest Celine Nadolny alles, was sie in die Finger bekommt. Auf ihrem Instagram-Kanal @bookoffinance und auf ihrer Webseite bespricht sie Finanzbücher, und zwar auf ihre ganz eigene, sehr unterhaltsame Art. Ihr Wissen erweitert Celine zudem noch durch ihr duales Studium zum B.A. in Business Adminstration.

Journalistin und Börsenexpertin
Jessica Schwarzer ist Autorin für das finanz-heldinnen Magazin und eine der renommiertesten Finanzjournalistinnen Deutschlands. Ihre Leidenschaft für die Börse hat die gebürtige Düsseldorferin zum Beruf gemacht. Die langjährige Chefkorrespondentin und Börsenexpertin des Handelsblatts (2008 bis 2018) arbeitet heute selbstständig als Journalistin und Moderatorin. Sie hat mehrere Bücher über die Psychologie von Anlegern und Investmentstrategien geschrieben. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit, für die sie sich auch mit Vorträgen und Seminaren stark macht. Darüber hinaus schreibt sie eine wöchentliche Kolumne bei onvista.de, einem der meistbesuchten Finanzportale in Deutschland.