Die Ausschläge an der Börse sind im Frühjahr 2025 heftig, wie zu schlimmsten Krisenzeiten. Ist das schon ein Crash? Und wie zäh wird die Erholung? Eine Analyse von Jessica Schwarzer.
Börsianer:innen mögen keine Unsicherheit, sie führt an den Finanzmärkten fast unweigerlich zu höheren Kursausschlägen. US-Präsident Donald Trump hat die Märkte mit seiner Wirtschaftspolitik und dem ewigen Hin und Her bei seinen Zöllen ins Chaos gestürzt. Die Verunsicherung ist extrem groß. Stürzen seine massiven Zollerhöhungen, die fast jedes Land der Welt treffen, die Weltwirtschaft in die Rezession oder verlangsamen sie das Wachstum „nur“? An der Börse wird täglich ein neues Szenario durchgespielt, auch weil es fast täglich neue Ankündigungen aus Washington gibt. Die Börsenkurse schwanken extrem, die Kursverluste sind groß. Aber ein Crash ist das noch nicht, auch wenn die großen Indizes wie auch der Dax mittlerweile zweistellig nachgegeben haben. Von einem Crash spricht man genau genommen nämlich erst ab einem Absturz von 25 Prozent. Alles andere ist eine Korrektur, die mitunter ziemlich heftig ausfallen kann. Viele Expert:innen nehmen das aber nicht so genau. Leider wissen wir nicht, ob aus einer heftigen Korrektur nicht doch noch ein Crash wird. Das gilt auch für das Frühjahr 2025.
Im Frühjahr 2020 war diese Frage schnell beantwortet. Der Corona-Crash war der mit Abstand schnellste Absturz der Börsengeschichte, auch die Erholung lief rasant. Nur vier Wochen hat es gedauert und der Dax hat knapp 40 Prozent eingebüßt. Gerade erst, am 17. Februar 2020, hatte der deutsche Leitindex ein neues Allzeithoch markiert, dann kam der Crash – schneller und heftiger als je zuvor. Natürlich gehören heftige Korrekturen und Abstürze an der Börse dazu, es geht nicht immer nur aufwärts. Alle paar Jahre kracht es leider. Wann? Das weiß niemand. Wer schon lange an der Börse investiert, weiß das und sitzt das (hoffentlich) aus.
Doch der Corona-Crash war wirklich richtig heftig: Am 12. März 2020 legte der Dax sogar den historisch höchsten Kursverlust innerhalb eines Tages aufs Parkett, gut zwölf Prozent rauschten die 30 Dax-Werte zwischenzeitlich ins Minus. Und genauso schnell, wie der Corona-Crash gekommen war, genauso schnell war er auch vorbei. Vier Wochen später, am 19. März 2020, endete das Drama und es ging wieder aufwärts. Und das ähnlich schnell und heftig, wie es abwärts gegangen war. Auch das ist „normal“: Auf jeden Crash folgt die Erholung. Das gilt übrigens nicht nur für den Dax.
Schneller Absturz, schnelle Erholung
Schon im Dezember 2020 hatte das deutsche Börsenbarometer die Verluste fast wettgemacht, der Index beendete das Börsenjahr sogar mit einem Plus von 3,55 Prozent. Auf den massiven Absturz der Wirtschaft folgte nämlich eine ebenso massive Erholung – „v-förmig“, wie Expert:innen nicht müde wurden zu betonen. Und weil sie und viele Anleger:innen von dieser v-förmigen Erholung so überzeugt waren und sind, ging es schon recht schnell wieder aufwärts. An der Börse wird nämlich die Zukunft gehandelt, Erwartungen und Prognosen sind oft mehr wert als Zahlen zur aktuellen Wirtschaftslage. Der Optimismus war groß. Und zum Jahresbeginn 2021 gab es dann ein neues Allzeithoch. Seither markieren die deutschen Standardwerte einen Rekord nach dem anderen. Der Crash ist fast vergessen. Die Verluste sind auf jeden Fall wettgemacht – nicht bei jedem einzelnen Dax-Wert, aber wenn Du mit börsengehandelten Indexfonds (ETFs) auf den Index setzt, dann bist Du längst wieder im Plus.
Die Internet-Blase
So schnell geht es nicht immer. Der Corona-Crash war wirklich einzigartig. Andere Abstürze dauerten viel länger. Ein Beispiel: Anfang des Jahrtausends platzte die Internet-Blase. In den Jahren zuvor waren die Aktienkurse extrem stark gestiegen, alles, was mit Technologie zu tun hatte, war gefragt. Aber auch die Papiere aus anderen Branchen liefen wie verrückt. Dann kam der Knall und die Blase platzte. Eigentlich kein Wunder, denn viele Unternehmen verkauften eher Stories als Produkte, viele Bilanzen (und auch Aktienkurse) waren nichts als heiße Luft. Als die Blase platzte, riss das auch den eher industrie- und finanzlastigen Dax mit.
Drei Jahre ging es abwärts
Der Crash dauerte allerdings drei Jahre, nämlich von Februar 2000 bis Februar 2003. Die Bilanz? Der Dax ist innerhalb dieses Zeitraums um etwa 70 Prozent abgestürzt. Der Crash war also eigentlich schlimmer als der Corona-Absturz, dauerte aber eben auch viel länger. Und die Erholung? Bis die alten Höchstwerte wieder erreicht worden sind, hat es bis zum Herbst 2007 gedauert. Der nächste Crash folgte leider sehr bald. Auslöser? Die Finanzkrise 2008/2009. Dieses Mal dauerte es etwa anderthalb Jahre, bis die Tiefststände erreicht waren – ein Minus von fast 50 Prozent. Die Erholung dauerte bis 2013.
Einatmen, ausatmen und Nerven nicht verlieren
Was sagt uns das? Auf jeden Absturz folgt die Erholung. Mal geht das schneller, mal dauert es länger. Es gilt, weder in den Turbulenzen noch in den vielleicht zähen Monaten und Jahren der Erholung die Nerven nicht zu verlieren. Langfristig stimmt die Rendite. Denn trotz allen Schwankungen, Korrekturen und Crashs liefert der Dax langfristig eine Rendite von fast acht Prozent ab. Langfristig heißt aber eben auch, dass Du zehn, zwölf oder mehr Jahre investiert bleibst, dass Du Krisen aussitzt oder sogar nachkaufst. Mal brauchst Du stärkere, mal weniger starke Nerven, aber es lohnt sich.

Jessica Schwarzer ist Autorin für das finanz-heldinnen Magazin und eine der renommiertesten Finanzjournalistinnen Deutschlands. Ihre Leidenschaft für die Börse hat die gebürtige Düsseldorferin zum Beruf gemacht. Die langjährige Chefkorrespondentin und Börsenexpertin des Handelsblatts (2008 bis 2018) arbeitet heute selbstständig als Journalistin und Moderatorin. Sie hat mehrere Bücher über die Psychologie von Anleger:innen und Investmentstrategien geschrieben. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit, für die sie sich auch mit Vorträgen und Seminaren stark macht. Darüber hinaus schreibt sie eine wöchentliche Kolumne bei onvista.de, einem der meistbesuchten Finanzportale in Deutschland.