Musikfestivals sind voll, laut und erfordern Höchstleistung in der Organisation. Damit alles reibungslos über die Bühne geht, muss hier richtig angepackt werden – ein Beruf nur für echte Kerle? Julia Felger ist Festivalproduzentin und beweist, dass es nicht körperlicher Stärke bedarf, um sich auch in dieser „Männerdomäne“ zu behaupten.
finanz-heldinnen: Was ist Dein Job?
Julia: Ich bin im Bootshaus Cologne angestellt und leite die Festivalproduktionen des Clubs, z.B. das Nibirii Festival in Düren. Hierbei organisiere unter anderem ich das Zusammenspiel aller technischen und gastronomischen Dienstleister, die Genehmigungen durch die Behörden, die Reiseplanungen der Künstler, den Ablauf am Veranstaltungstag, inkl. Personalplanung und ich sitze ganzjährig an der Kostenkalkulation, die ich zuvor gemeinsam mit den Geschäftsführern erstelle, um diese natürlich dann aktuell mit den ganzen Zahlen, die ich bekomme, zu halten aber auch darauf zu achten, dass wir keine geplanten Werte überschreiten.
Außerdem bin ich Teil des Orga-Teams des Straßenfests auf dem Christopher Street Day Cologne, das knapp 400.000 Besucher
Warum haben es Frauen in der Eventbranche schwerer?
Da die Szene noch sehr männerlastig ist, hat man anfänglich teils Schwierigkeiten ernst genommen zu werden, gerade, wenn man eine Produktion leitet. Dies legt sich aber immer relativ schnell, wenn mein Gegenüber mitbekommt, dass ich weiß, wovon ich spreche. Allerdings sitze ich jetzt in einem starken Team, mit dem ich sehr eng verbunden bin und die mir auch in solchen Situationen den Rücken stärken. Gerade mein Geschäftsführer achtet sehr auf meine Meinung und zeigt das auch nach außen, womit er mich stark in der Männerdomäne unterstützt.
Mit welchen Herausforderungen hattest Du zu kämpfen?
Mein Job verlangt immer kurz vor den Produktionen sehr viel Zeit von mir – welche ich jederzeit liebend gerne investiere, denn ich lebe für diesen Beruf. Nichts desto trotz ist es schwer einen Freundeskreis zu halten, der Verständnis für wochenlange Funkstille hat. Zum Glück habe ich ein paar sehr gute Freundinnen, die mich trotz der Funkstille immer wieder extrem unterstützen und mir im Privatleben den Rücken freihalten, sodass ich mich voll und ganz meiner großen Liebe „Nibirii“ oder „Christopher Street Day“ widmen kann.
Wie hast Du es geschafft, Dir ein Standing in der Branche zu erarbeiten?
Durch harte Arbeit. Ich habe in den vergangenen Jahren auf verschiedenen Festivals gearbeitet und mein Können unter Beweis gestellt. Dadurch, dass ich zum Teil auch in verschiedenen Bereichen, z.B. dem Artist Handling oder der Produktion, gearbeitet habe, habe ich viel Wissen über verschiedene Teilbereiche und kann somit sehr viel in meine Position einbringen. Dies wird meiner Meinung nach am meisten an mir geschätzt. Außerdem ist die Event-Branche eine Szene mit wahnsinnig großem Networking Potential, welches man nur nutzen muss.
Wie viel Aufwand ist so ein Festival hinter den Kulissen? Gebe uns einen Einblick.
Bei einem Festival hört man nie auf zu arbeiten. Wir arbeiten ganzjährig an den Veranstaltungen, weil gerade im Open Air Bereich schon frühzeitig die groben Eckdaten klar sein müssen, um weiter produzieren zu können. Auch unsere Marketing-Genies wollen natürlich die Leute ganzjährig von den Produktionen begeistern und halten die Social Media Auftritte ganzjährig auf Trapp.
Wetter und Festival. Was hat beides miteinander zu tun?
Bei einem Open Air Festival muss man immer auf alles vorbereitet sein wettertechnisch. Das Wetter ist der einzige Teil, den man nicht vorab planen kann und deshalb alle Möglichkeiten vorbereiten und durchplanen muss. Wenn es regnet, ist ein Open Air natürlich nicht so schön, wie in der strahlenden Sonne. Man muss sich leider auch immer ein bisschen mit „Worst-Case-Szenarien“ beschäftigen und versuchen diese in der Planung soweit es geht auszuschließen, bzw. bei Eintreffen eines solchen Szenarios, z.B. einer Evakuierung bedingt durch starkes Gewitter, vorbereitet zu sein. Gute Vorbereitung ist das A und O!
Julia Felger ist in der Musikszene aufgewachsen. Die heute 28-jährige lebt in Köln und organisierte ihr erstes Benefiz-Festival bereits mit 17 Jahren. Musik ist für sie seit jeher eine große Leidenschaft, die sie auch mit ihrem Beruf verbinden wollte. Nach einigen Jahren in der Musikbranche begann sie vor drei Jahren ihre Anstellung im Bootshaus Cologne. Während der Showtage auf Parookaville ist sie außerdem im Artist Handling tätig, hat eine Produktion des Panama Open Air Festivals geleitet und ist mittlerweile eng verknüpft mit der Musikszene und den dazugehörigen Dienstleistern.