Delia Lachance ist Gründerin und Vorstandsmitglied von Westwing. Ihr Weg zeigt, warum man als Gründerin auch Schwächen haben darf und wieso Familie und Vorstandsmandat immer noch so schlecht zueinander passen.
Lachance – klingt wie ein Künstlername, nach jemandem, der eine Gelegenheit, eine Chance sieht, sie nutzt und Großartiges daraus macht. Genau das hat Delia Lachance getan, allerdings ist ihr Familienname kein Kunstprodukt. Mehr dazu später.
Delia Lachance ist erfolgreiche Gründerin. Mit Westwing hat sie 2011 gemeinsam mit ihren vier Gründungspartnern ein Unternehmen erschaffen, das heute mehr als 1.400 Mitarbeiter beschäftigt und weltweit in elf Märkten aktiv ist. Mit 30 Millionen Mitgliedern ist Westwing nach eigenen Angaben der größte Shopping-Club für Möbel und Interior-Accessoires. Vom „Manager Magazin“ wurde Lachance 2016 unter die 75 einflussreichsten Frauen der Deutschen Wirtschaft gewählt, „Business Punk“ betitelte sie als Deutschlands erfolgreichste Gründerin. Seit 2018 notiert Westwing im SDax.
Die Chance war anfangs – wie so oft – vielmehr ein Problem. Nach ihrem Studium des Modejournalismus und einem PR-Praktikum in Dubai, war die gebürtige Bayerin in der Redaktion des Lifestylemagazins „Elle“ gelandet. Regelmäßig präsentierte sie ihren Leserinnen angesagte Einrichtungs- und Deko-Trends. Das Problem: Die schönen Dinge, die Lachance auf Messen rund um den Globus fand, waren für Menschen mit durchschnittlichem Jahresgehalt entweder unerschwinglich oder gar nicht erst erhältlich. Konnte das möglicherweise ihre Marktlücke sein?
Den Wunsch, einmal ein eigenes Unternehmen zu gründen, verspürte Lanchance schon während ihres Studiums. Es folgten einige Ideen, unter anderem ein T-Shirt Lable, die sie aber allesamt verwarf. Bei Westwing war es anders. Hier tat sie es Spanx-Gründerin Sara Blakely gleich, wie sie in einem Interview mit dem Gründerportal „Munich Startup“ verrät: „Sie wollte unter ihrem Kleid eine schmalere Silhouette und als es kein passendes Produkt gab, hat sie es einfach selbst gemacht.“ Inspiriert von Blakely und anderen erfolgreichen Unternehmerinnen dachte sich Lachance: „Ich probier das jetzt mal aus.“ Da war sie also, die Chance: Ein Inspirationsportal und Shoppingclub für exklusive Möbel und stylisches Interior zu bezahlbaren Preisen.
Doch was tun, wenn man weder Wirtschaft studiert noch, nach eigenen Angaben, genug Ahnung von Technologie hat? Wer gründen möchte, muss glücklicherweise nicht alles allein können. Also stellte Lachance ein Team zusammen und begann, Investoren anzuwerben. Sie selbst war von Anfang an als Chief Creative Officer Teil des fünfköpfigen Vorstandsteams und das Gesicht der Marke.

Wer Delia Lachance googelt, stößt auf Interviews mit zahlreichen Lifestylemagazinen von „Bunte“ bis „Vogue“. Auf Instagram erhalten aktuell mehr als 151.000 Follower Einblick in das (Privat)Leben und die Arbeit von delia_westwing. Hier präsentiert sie die aktuelle Westwing-Kollektion ebenso wie sich selbst – auf Reisen, auf der rehbraunen Couch in ihrer Wohnung mit Blick auf die Dächer von Montreal oder bei ihrer Hochzeitsfeier 2019 auf Ibiza. Hier hat die Unternehmerin den Namen Fischer eingetauscht gegen diesen perfekt passenden Nachnamen ihres Ehemanns, Immobilienentwickler Maxime Lachance. Seit April 2020 zeigt sich Delia Lachance auch des Öfteren mit Baby Sky.
Nach der Geburt ihrer Tochter ging die Unternehmerin für sechs Monate in Elternzeit. Für Arbeitnehmerinnen ist eine Babypause heute selbstverständlich, für Vorstandmitglieder und Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft gelten andere Spielregeln. Sie haben nach derzeitiger Rechtslage keine Möglichkeit, ihr Mandat bei temporärer Abwesenheit vorübergehend ruhen zu lassen. Um in dieser Zeit nicht zu haften, müssen sie ihr Mandat niederlegen. So war auch Lachance gezwungen, ihr Amt offiziell abzugeben. Unter #stayonboard wirbt sie nun gemeinsam mit der ehemaligen comdirect-Aufsichtsrätin Verena Pausder und weiteren Unterstützer*innen für eine Änderung der Rechtslage.